Remotes Arbeiten in einer digitalen Welt
von SEQIS
„Krise kann auch geil sein!“ Ein Satz, der über Nacht ganze Influencer-Karrieren zerstören kann. Etwas besser formuliert wäre vielleicht: „Krise kann auch neue Möglichkeiten erschaffen, uns vor neue Herausforderungen stellen und dazu führen, dass wir uns weiterentwickeln!“
In der Corona-Pandemie haben sich viele Unternehmen, mehr oder weniger freiwillig, dazu entschieden „Home-Office“ zu nutzen, viele bleiben mittlerweile dabei. Dabei ist Home-Office nicht die einzige Möglichkeit oder gar das einzige digitale Arbeits-Konzept.
Fängt man an, sich etwas genauer mit dem Thema Arbeitsplatz zu befassen und sich zu fragen, ob es wirklich notwendig ist, alle Mitarbeiter in einer 40 Stundenwoche an einem Ort zu versammeln, steht man schnell in einem Dschungel aus Konzepten und Begrifflichkeiten gegenüber. Was bedeuten diese und wie kann man für sein Unternehmen die beste Entscheidung treffen?
Wie bei vielen Dingen ist die erste Antwort: „Kommt darauf an…“. Auch in einer digitalen Welt gibt es keine eierlegenden Wollmilchschweine, und das ist gut so! So geht uns unsere Kreativität und Vielfältigkeit nicht verloren. Um bei Klischees zu bleiben: Es gibt für jeden Deckel einen Topf! Genauso gibt es für jedes Unternehmen ein passendes Konzept. Durch das breite Spektrum der Arbeitswelt, der Branchen und der Persönlichkeiten gibt es halt einfach nicht das „eine“ Konzept, die eine Antwort. Außer, die Antwort lautet 42. :)
Abbildung 1: (Quelle: Pexels.com)
Um eine kleine Hilfestellung zu geben und das Beste aus der digitalen und remoten Arbeitswelt herauszuholen, ist hier eine kleine Übersicht über gängige Konzepte:
Arbeitsplatzkonzepte für firmeninterne Mitarbeiter
Telearbeit
Der Begriff leitet sich primär davon ab das für die Arbeitstätigkeit auf moderne Telekommunikationsmittel zurückgegriffen wird, wie Smartphone oder Internet. Er wird oftmals als Oberbegriff für andere Formen wie „Home-Office“ oder „Mobiles Arbeiten“ verwendet und zeichnet sich dadurch aus, dass die Arbeit außerhalb der Unternehmensräume verrichtet wird. Grundlage für die Arbeitsform ist eine freiwillige Vereinbarung zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber. Es besteht kein gesetzliches Recht auf Telearbeit, es gibt allerdings ein paar gesetzliche Rahmenbedingungen, auf die geachtet werden muss. Es sollte im Arbeitsvertrag jedenfalls festgehalten werden, welche Arbeit, in welcher Zeit, an welchem Ort verrichtet werden soll. Außerdem kann erst dann von Telearbeit gesprochen werden, wenn regelmäßig außerhalb der Betriebsräumlichkeiten gearbeitet wird. Ein kurzes Telefonat zuhause zu führen, das zählt noch nicht dazu. Die Art der Tätigkeit ist nicht ausschlaggebend, es können auch Arbeiten verrichtet werden, die rein am Papier oder z.B. an einem physischen Prototypen realisiert werden. Details zur Regelung können sich je nach Kollektivvertrag anders gestalten, in jedem Fall greift das Arbeitnehmerschutzgesetz (ASchG), vor allem in Bezug auf den Arbeitsplatz selber und die Arbeitszeiten. Die Arbeitsmittel müssen vom Arbeitgeber bereitgestellt werden und auch zusätzlich entstehende Kosten (z.B. Internet- und Telefonkosten) müssen vom Arbeitnehmer ersetzt werden. Individuelle Regelungen können vereinbart werden, sofern sie den Arbeitnehmer nicht benachteiligt.[1]
Einer der wichtigsten Aspekte für diese Arbeitsform ist der Datenschutz. Der Arbeitgeber ist verpflichtet Maßnahmen zu treffen, um den Datenschutz und die Datensicherheit zu gewährleisten. Aber auch der Arbeitnehmer ist in der Verantwortung sorgsam mit dem ihm zur Verfügung gestellten Daten um zu gehen. Dies ist nicht nur ein wichtiger Aspekt, sondern zugleich auch einer der größten Nachteile, da auch die Privatsphäre von Mitarbeitenden respektiert werden muss. Auch wie mit nicht digitalen Arbeitsmitteln umgegangen werden soll, muss vorher festgelegt werden (so ein Server-Rack lässt sich schlecht in der Handtasche verstauen, aber schriftliche Verträge auf Papier oder Formulare lassen sich durchaus mitnehmen).
Der Arbeitgeber muss sich also um Arbeitsmittel kümmern, der Arbeitsschutz muss gewährleistet sein, es muss sich um Datenschutz und Datensicherheit gekümmert werden und zusätzlich sollen anfallende Kosten für Internet und Co übernommen werden. Die Einrichtung der Arbeitsmittel, damit sicher in firmeninternen Netzwerken kommuniziert werden kann, ist auch nicht zu vernachlässigen. Worin liegt also der Vorteil?[2]
Work-Life Balance ist ein großes Argument von Arbeitnehmern für Telearbeit. Welches Unternehmen hätte nicht gerne motivierte und engagierte Mitarbeiter? Die Zeitersparnis durch wegfallende Reisezeiten ist im Alltag nicht zu verachten, in manchen Wohnungen ist es deutlich ruhiger als in dem ein oder anderem Großraumbüro und die Kinder lassen sich viel besser in den Alltag integrieren. Der Arbeitgeber spart sich Ressourcen im Office und kann flexibel Mitarbeiter anstellen, auch wenn die eigenen Büroflächen dies nicht mehr zu lassen würden. Klingt nach einem Win-Win für alle… sofern es zu Ihrem Unternehmen passt.
Können aus Sicherheitsgründen Daten oder Arbeitsmittel nicht einfach mitgenommen werden, ist es für Ihre Mitarbeiter notwendig, vor Ort miteinander zu kommunizieren. Oder verrichten sie Arbeit, die nur vor Ort erledigt werden kann, können Sie die nächsten zwei Abschnitte überspringen. Sie beschäftigen sich mit spezifischen Ausprägungen von Telearbeit: Home-Office und Mobile Arbeit.
Abbildung 2: (Quelle: Pixabay.com)
Home-Office
Homeoffice liegt vor, wenn der Arbeitnehmer regelmäßige Arbeitsleistung in seiner privaten Wohnung erbringt. Privat ist hierbei das eigentliche Schlüsselwort, wobei nicht nur der Hauptwohnsitz des Arbeitnehmers, sondern auch ein eventueller Zweitwohnsitz oder der Wohnsitz von Lebensgefährten oder Angehörigen dazu zählen können. Es handelt sich in jedem Fall um eine feste Adresse, die dem Arbeitnehmer zugeordnet werden kann und nicht als Geschäftsadresse, Hotel oder ähnliches definiert wird. Zusätzlich zu den Regelungen, die bei der „Telearbeit“ beschrieben sind, ist hierbei zu beachten, dass Kosten für Internet und Co nur anteilig vom Arbeitgeber ersetzt werden müssen, da ein Teil auch privat genutzt wird.[1] Als Home-Office Tage gelten nur all jene Tage, die ausschließlich im Home-Office ausgeübt wurden.[5] Der Arbeitgeber muss diese Tage am Lohnzettel bekannt geben. Diese Form eignet sich besonders gut, wenn Mitarbeiter ein gut eingerichtetes Büro daheim haben und nur selten die Notwendigkeit besteht vor Ort zu sein. Um die Teamkommunikation aufrecht zu halten, sollten trotzdem regelmäßig online Meetings abgehalten werden. [1] Um bestmöglich auf remote Meetings vorbereitet zu sein, können Sie gerne in unseren Quality News Artikel von 2020/1 – „Remote Meeting – Wann dann, wenn nicht jetzt!?“ von unserem Experten Alexander Weichselberger stöbern!
Mobile Arbeit
Mobile Arbeit ist gesetzlich nicht genau definiert, unterscheidet sich hauptsächlich jedoch vom Home-Office über den eigentlichen Arbeitsort. Das Konzept hat die höchste Flexibilität unter den Arbeitsplatzvarianten und basiert auf einer freiwilligen Vereinbarung zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber. Die Arbeit kann in der Theorie überall verrichtet werden. Im Sommer an der Donau, vom Wohnmobil aus, in der Bibliothek, in einem Hotel oder auch in einem Restaurant. Unabhängig vom tatsächlichen Arbeitsort gilt auch für mobile Arbeit das Arbeitsschutzgesetz. Dieses Modell ist vor allem dann empfehlenswert, wenn Reisetätigkeiten mit Arbeitstätigkeiten eng verbunden sind. Arbeitsmittel wie Smartphone und Laptop müssen hierbei jedenfalls bereitgestellt werden. Das Arbeiten an öffentlichen Plätzen erfordert zudem noch besondere Regelungen und Vorkehrungen für die Sicherheit von Daten.
Werden Mitarbeiter, die für ein Unternehmen in Österreich tätig sind und auch einen Hauptwohnsitz in Österreich haben, ins Ausland entsendet, ist dies grundsätzlich möglich. Dies unterliegt aber noch einigen zusätzlichen Regelungen. Nicht nur müssen die gewerberechtlichen Bestimmungen des anderen Staates beachtet werden, auch Regelungen wie z.B. der vor Ort geltende Mindestlohn müssen beachtet werden. Insbesondere wenn die Dauer der Entsendung länger als einen Monat beträgt, müssen zusätzlich zu den in Österreich geltenden Rechtsvorschriften auch die des Beschäftigungsstaates beachten werden (unter anderem bezüglich Entgelt, Arbeitszeiten, Urlaub, Arbeitnehmerschutzbestimmungen und die Gleichbehandlung von Männern und Frauen sowie sonstige Nichtdiskriminierung bei der Arbeit). Aus Sicht des Sozialversicherungsgesetztes ist außerdem zu beachten, dass:
- Die Dauer der Entsendung maximal 24 Monate betragen darf
- Die Arbeitskraft keine andere ablösen darf (Kettenentsendung)
- Die Tätigkeit auf Rechnung des Entsendeunternehmens läuft
- Das Unternehmen eine nennenswerte Geschäftstätigkeit über Österreich hinaus aus übt [7]
Die genauen sozialversicherungsrechtlichen Auswirkungen hängen stark von den jeweiligen Staaten ab, da das Territorialitätsprinzip anzuwenden ist. Das bedeutet, dass das Sozialversicherungsrecht des Staates gilt, in dem die Tätigkeit ausgeführt wird. Dieses kann jedoch von bilateralen Abkommen durchbrochen werden, wodurch die gesamte Thematik im Detail sehr komplex werden kann[8]. Es sollte fallweise näher beleuchtet werden, ob es überhaupt Sinn macht, Mitarbeiter im Ausland für das eigene Unternehmen tätig werden zu lassen.
Arbeitsleistungen statt Mitarbeiter auslagern
Offshoring
Der Begriff Offshoring ist der Überbegriff für das Verlagern betrieblicher Aktivitäten ins Ausland. Das können sowohl Produktion als auch Dienstleistungen sein. Vordergründig hierbei ist also die geografische Auslagerung von Arbeitsleistung. Der Vorteil hierbei kann für Unternehmen sein, dass sich der Arbeitsmarkt in anderen Ländern anders gestaltet und somit Fachkräfte eher vorhanden sind als im eigenen Land. Oftmals wird dies auch gemacht, um Personalkosten zu sparen, aufgrund von geringeren Lohnkosten. Es kann auch steuerliche Vorteile haben, das Unternehmen teilweise ins Ausland zu verlegen. Nachteile können Kommunikationshürden, Datenschutzrisiken und Rechtsunsicherheiten sein.[3]
Abbildung 3: (Quelle: Pexels.com)
Nearshoring
Nearshoring ist eine Sonderform des Offshoring und bezeichnet die Auslagerung von Arbeitsleistung ins nahegelegene Ausland. Für den DACH-Raum könnte das z.B. Ukraine, Polen oder Serbien sein. Durch die geografische Nähe können Probleme wie größere kulturelle Differenzen, Zeitverschiebungen und Erreichbarkeit umgangen werden. Auch eine ähnliche Qualifikation kann angenommen werden und oftmals sind sprachliche Hürden auch nicht so groß für die Unternehmen. Diese Art von Auslagerung eignet sich besonders gut, wenn Kosten gespart werden müssen, eine enge Bindung an das Unternehmen und eine enge Zusammenarbeit erwünscht sind.[3]
Farshoring
Farshoring ist das Gegenteil von Nearshoring und bezeichnet dementsprechend die Auslagerung von Arbeitsleistung in sehr weit entferntes Ausland, z.B. aus Sicht von Österreich, Indien. Hierbei werden oft massiv Kosten gespart, allerdings sind die Hürden aufgrund Zeitverschiebungen, kulturellen Unterschieden und sprachlichen Barrieren deutlich größer als beim Nearshoring. Dadurch wird die Zusammenarbeit verschiedener Abteilungen, wie
z.B. einer Development Abteilung in Österreich und einer Testabteilung in Indien, oftmals erheblich erschwert. Diese Form eignet sich also besonders gut für Aufgaben, die nicht viel Kommunikation zwischen verschiedenen, in geographisch sehr unterschiedlichen Ländern liegenden, Abteilungen erfordern.[3] Farshoring kann außerdem dann nützlich sein, wenn ein 24/7 Support etabliert werden soll, aber die potentiellen Arbeitszeiten eingeschränkt sind. Wenn in Wien um 22h nicht mehr ohne Zuschläge gearbeitet werden kann, ist es in Vienna (Virgina) erst 16h. Dadurch kann Support aus „Wien“ in einem weiteren Zeitrahmen angeboten werden, ohne Normarbeitszeiten zu überschreiten.
Outsourcing
Outsourcing bezeichnet die Strategie, bei der Unternehmen einzelne Arbeitsleistungen, Geschäftsprozesse oder auch ganze Teilbereiche des Unternehmens an externe Zulieferunternehmen auslagern. Die Leistung wird also nicht vom Unternehmen selbst, sondern von einem Unternehmen mit Zulieferervertrag erbracht. Das ist typisch für Lieferketten bei physischen Handelsgütern, wie Autos, Kleidung usw. aber auch in der digitalen Welt ist Outsourcing eine gängige Unternehmensstrategie.[6] So werden z.B. häufig Cloud-Infrastruktur Lösungen für das eigene Unternehmen von anderen Unternehmen eingekauft. Hierbei kann auf die Expertise des Zulieferers zurückgegriffen werden, die das Unternehmen selber nur langsam aufbauen könnte. Auch bei Arbeitskräftemangel kann es Sinn machen, Aufgaben auszulagern und auf Unternehmen zu setzten, die sich auf bestimmte Bereiche spezialisiert haben. Ein weiterer Grund Aufgaben auszulagern kann das Risiko sein, das andere Unternehmen abgegeben wird und vertraglich abgesichert wird. Beim Outsourcing steht die unternehmerische Auslagerung im Vordergrund, im Gegensatz zum Offshoring bei dem es primär um die geographische Auslagerung geht. Outsourcing eignet sich also besonders gut für große Aufgaben, die aufgrund von fehlender Infrastruktur, Erfahrung oder Mitarbeitern nicht im eigenen Unternehmen umsetzbar sind.
Remote Services
Remote Services bezeichnet Dienstleistungen mithilfe von Telekommunikationstechniken. Der Hauptunterschied zum Outsourcing liegt im Umfang. Outsourcing im Allgemeinen meint oft auch ganze Projekte oder permanente Services (Wie z.B. eine Cloud in der „für immer“ alle Daten des Unternehmens gespeichert werden sollen) während unter dem Begriff Remote Services eher kleinere Dienstleistungen gemeint sind. Eine klare Abgrenzung und Begriffsdefinition gibt es jedoch nicht. Remote Services haben vor allem gemein, dass der Service „remote“ also entfernt durchgeführt wird und dabei ein „Dienst“ verrichtet wird. Auch hier liegt der Vorteil in der Expertise des Serviceanbieters und eignet sich vor allem für Aufgaben, die zu klein sind, um dafür eine eigene interne Abteilung anzulegen, die dann eventuell nur ein paar Wochen im Jahr beschäftigt ist. Als Kirsche on top kommt dann noch das ein Unternehmen, das sich auf diese Services spezialisiert hat auch vielfältige Erfahrung und dementsprechend qualifizierte Mitarbeiter mitbringt.
Quellen und weiterführende Informationen:
[1] https://www.wko.at/service/arbeitsrecht-sozialrecht/ (abgerufen am 29.11.2022)
[2] https://www.arbeitsinspektion.gv.at/homeoffice (abgerufen am 29.11.2022)
[3] https://wirtschaftslexikon.gabler.de/ (abgerufen am 29.11.2022)
[4] https://de.wikipedia.org/ (abgerufen am 29.11.2022)
[5] https://www.bmf.gv.at (abgerufen am 29.11.2022)
[6] https://www.microtech.de/ (abgerufen am 29.11.2022)
[7] https://www.usp.gv.at/mitarbeiter/arbeiten-im-ausland/entsendung-in-eu-ewr-staaten-aus-oesterreich.html (abgerufen am 6.12.2022)
[8] https://www.gesundheitskasse.at/cdscontent/?contentid=10007.821167 (abgerufen am 7.12.2022)